"Er ist weg?!" Entsetzt lief ich am Waldrand hin und her, schnupperte immer wieder an markanten Stellen. Ein Ast, ein längeres Gras.. doch er war einfach weg. Schließlich ließ ich meinen Hintern ins Gras fallen, streckte alle Pfoten von mir und jaulte leise gen Himmel. So ein Mist.., fluchte ich innerlich und ärgerte mich noch eine Weile über mich selbst. Sowas durfte mir einfach nicht passieren! Wenn es jetzt meine Maus gewesen wäre.. Reiß dich zusammen! Ich würde nicht verhungern, es war Sommer. Ich würde einfach nach der nächsten Maus suchen.
So blieb ich noch eine Weile trotzig und eingeschnappt im Gras sitzen, rollte mich mal nach rechts, mal nach links und blieb irgendwann auf dem Rücken liegen. Ganz automatisch schaute ich gen Himmel und beobachtete die Wolken, die vom Wind hin und her gezogen wurden. Immer wieder formten sich neue Figuren und meine Fantasie dichteten ihnen die Gestalten meiner Familie zu. Einmal sah ich Braunpelz, dann wieder Erle oder Tika. Aber auch Mauli und meine Mutter entdeckte ich öfter als mir lieb war. "Ihr fehlt mir", gestand ich mir leise ein und drehte mich schließlich wieder um. Schnaufend stellte ich mich wieder auf meine Pfoten und nutzte die Deckung der einsetzenden Dunkelheit, um auf die vor mir liegende Wiese zu treten. So tat ich es immer.. weglaufen, wenn mich die Sehnsucht zu übermannen drohte. Meist klappte es, weil ich irgendwas Interessantes fand.
Und so auch dieses Mal. Kaum hatte ich vier Katzenlängen zurück gelegt, schlug mir der Geruch von vergammeltem Holz, trockenem Stein und Vögeln entgegen. Doch auch ein anderer Geruch mischte sich darunter, wie zuvor im Wald war auch dieser faszinierend. Ach was.. er war unwiderstehlich. Mit weiten Sprungen setzte ich über die Wiese und stand plötzlich vor einem Gebilde aus morschen Holzstöcken (Holzzaun). Noch etwas irritiert betrachtete ich die Stöcke und entdeckte dahinter dann das Objekt meiner Begierde. "Katzenminze!", schrie ich schon fast vor Begeisterung und huschte weiter. Ohne mich umzusehen, quetschte mich zwischen den dünnen Ästen hindurch und war im Himmel. Mit einem Satz war ich inmitten der Staude und wälzte mich voll Wonne in den berauschenden Zweigen der Katzenminze. Hier und dort kaute ich auf einem Blatt herum, rieb mich an den Ästen, sprang auf und setzte in einen anderen Strauch hinüber, ehe ich mich auch dort drin herum rollte. Das wars wert. Definitiv!
Genüßlich auf einem abgerissenen Zweig herum kauend robbte ich unter das Blattwerk und streckte mich aus. Die Nacht würde ich auf jeden Fall hier verbringen.

Leise Schritte setzte ich als ich mich der Farm nährte, die auch schon ihre besten Tage hinter sich hatte. Warum ließen die Zweibeiner alles verfallen? War es nicht eine Verschwendung? Ich wusste es nicht.
Schon von längerer Entfernung witterte ich die Katzenminze, doch hielt ich mich zurück und erinnerte mich an meinen Plan. Mahlzeiten für meine Begleiter. Hier finde ich sicher die ein oder andere Maus.
Ich nährte mich, sah mich um und lauschte dem Rascheln des Windes. Witterte die starken Gerüche der Minze und lächelte leicht. Wie ein Blitz sprang ich hervor, stürzte mich sogleich auf eine fliehende Maus und warf sie mit einer schnellen Bewegung hoch. Ehe ich sie tötete und sie aufhob. Für Anju. Wieder blickte ich mich um, und sah nachdenklich in die Schatten des alten Baues.

Leise schnurrend streckte ich mich genüßlich unter den Zweigen der Katzenminze. Wie schön das Leben doch sein konnte! Ab und an hatte ich den Kopf nach oben gestreckt, um zu sehen, wie weit der Tag schon voran geschritten war. Doch immer wieder lehnte ich mich einfach zurück und atmete tief ein, bis ich vor Wohlgefallen schnurrte. Erst der Hunger trieb mich aus meinem Versteck. Und vielleicht sollte ich mal zurück zu Twice? An der Katzenminze hätte sie sicher auch ihre Freude. Und vielleicht würde das auch etwas ihre Angst lindern? Brummend streckte ich meine Vorderpfoten von mir und krallte mich im Boden fest, ehe ich mich hinterher zog. Frische Luft zog an meiner Nase vorbei und brachte mir den Geruch einer fremden Katze. Gleich stellte ich mich auf und sah mich neugierig um, aber durch die senkrechten Äste konnte man kaum etwas erkennen. Also schlich ich näher heran und streckte den Kopf zwischen zwei Ästen hindurch. Ganz schön eng!

Es war mehr eine freien Note im Wind, die mir einen neuen Geruch zeigte. Eine andere Katze? Wahrscheinlich.
Rasch setzte ich meine Beute ab, als meine Vermutung durch ein leises Rascheln - zu laut für Beute - gefestigt wurde. Ich hob wieder den Kopf.
"Hallo?"

Kaum war der Kopf zwischen den Ästen hindurch, hob ich ihn auch schon an und verkeilte mich so unbewusst. Tief sog ich noch einmal die Luft in meine Nase. Hatte ich mich vielleicht geirrt? Irritiert sah ich mich um, entdeckte jedoch nur das Gebilde aus Stein und Holz, die Wiese und den Waldrand. Wow, ist der weit weg. Ich erinnerte mich gar nicht daran, dass der Weg so weit gewesen war. Als dann ein Miauen an meine Ohren drang, versuchte ich den Kopf zu wenden, stellte jedoch fest, dass ich es nicht konnte. "Was..?" Hin und her wandte ich meinen Kopf und versuchte ihn wieder zurück zu ziehen. Doch es ging nicht. "Oh nein! Verdammt!", fauchte, fluchte und jaulte ich maunzend, während ich die Pfoten gegen die Äste stemmte und weiter an meinem Kopf zog.

Aus einer Antwort wurde nicht wirklich etwas, dafür sorgte das Fluchen und Zerren einer mir nicht erkennbaren Gestalt, Katze.
Ich bemerkte die ruckige Bewegung im Gewächs sprang vor und wartete durch die Katzenminze. Rasch erblickte ich das Junge. "Pass auf. Du verletzt dich noch!", miaute ich rasch, senkte den Kopf und halt dem Kleinen.
Ich biss die wohlrichende Minze um den Kopf des Katers ab und versuchte ihn dabei bestmöglichs zu befreien.

"Nijaaa!", schrie ich aus Leibeskräften. Fauchend, knurrend und spuckend buckelte ich und spreizte die Krallen, um nach allem zu schlagen, woran ich kam. Das war wahrlich nicht viel mehr als die Triebe der Katzenminze, der Erde und den beiden Ästen (Zaun) zwischen denen ich hing. "Geh weg! Ich hau dich!" Angst und Panik lähmte meine Gedanken, als ich hinter mir Geräusche und dann eine größere Gestalt wahrnahm. Dabei zog und zerrte ich weiter an meinem Kopf, neben dem - dank der fremden Katze - langsam die Zweige der Minze verschwanden.

Ich ignorierte das Gemaule des Katers und entfernte auch die letzten Triebe. "Ich lasse dich hier auch gerne in den Triben gefangen. Deine Entscheidung!", brummte ich dabei.
Doch rasch nahm ich ihn schon bereits im Nacken in mein Maul und hob ihn hoch. Ich trug ihn zu meiner Beute, ließ ihn etwas unsanft auf den Boden fallen und musterte ihn.

Oh, wie ich das hasse!, brummte ich missmutig für mich selbst und verfluchte, dass mein Körper einfach erstarrte, kaum dass das Wesen mich im Nacken gepackt hatte. Wie kam das eigentlich? Noch einen letzten Blick erhaschte ich auf die beiden Äste, zwischen denen ich gefangen gewesen war. Ach. Sie waren oben enger als unten. Wie dumm ich war.. ich hatte mich selbst gefangen, indem ich den Kopf gehoben hatte. Leise murrend ließ ich mich tragen und landete neben einer toten Maus.
Schnell kauerte ich mich zusammen und schielte vorsichtig zu der Kätzin auf, die ich nun als solche erkannte. "Hübsch!", entkam meiner Schnauze zu schnell, als dass ich sie hätte stoppen können. Eine wunderschöne grau Getigerte stand da vor mir und betrachtete mich. Rasch nahm ich eine aufrechte Position ein und schnupperte in ihre Richtung. "Danke", erinnerte ich mich schließlich an meine gute Erziehung und neigte leicht den Kopf.

Ich schmunzelte. Er erinnerte mich etwas an Anju, auch wenn er lange nicht ein solche Unaufmerksamkeit zu haben schien. Gut.
"Danke", brummte ich leicht, aber sah ihm weiterhin fernst an. "Was macht ein Junges hier? Weitab seiner Familie?" Kurz sah ich mich um, aber ich sah bis auf ihn niemanden mehr.

Noch hübscher! Sie hatte leicht die Schnauze verzogen und deutete ein Lächeln an. Meine Schnauze öffnete sich, doch dieses Mal war ich schnell genug, um meine Gedanken nicht erneut einfach heraus zu posaunen. Stolz schnippte ich mit einem Ohr und drückte etwas meine Brust heraus. "Junges?", war ich jedoch schnell wieder bei der Sache und auch genauso schnell auf allen Vieren. "Ich bin kein Junges mehr!", stellte ich schnell klar und glättete mein leicht aufgeplustertes Rückenfell wieder. "Ich bin größer als meine Schwestern und kann sogar Mäuse alleine jagen!", wurde rasch meine Behauptung untermauert.

Seine Antwort, wenn man diese in der Art betiteln durfte, gab mir wohl mehr Antwort als gewünscht.
Er war also alleine, konnte etwas jagen, und für sich sprechen. Gut, nein, sehr gut. Ich mochte keine schwachen Katzen.
"Nun großer, starker Kater, was führt dich hierher? Hast du ein bestimmtes Ziel?"

Ich entspannte mich wieder als sie mein Wesen in drei Worten zusammenfasste. "Langsam.. also hier bin ich, weil ich im Wald auf einen faszinierenden Geruch getroffen bin. Leider hab ich ihn am Waldrand verloren, hab dafür aber die Katzenminze gefunden." Ich deutete mit der Nase in Richtung der Stauden, ehe ich mich auf meinen Hintern setzte und meine Hinterpfote hob, um mir hinter den Ohren zu kratzen. Kaum hatten meine Krallen jedoch das Fell berührt, zuckte ich vor Schmerz zusammen. "Au", maunzte ich leise und bewegte meine Ohren und den Kopf ein wenig. Da hatte ich mir wohl ein paar Kratzer zugezogen. Leise brummend schüttelte ich meine Schultern, um mein Halsfell in Bewegung zu versetzen. "Und ein Ziel hab ich nicht. Ich hatte es nur satt, dass meine Eltern mir dauernd Vorschriften gemacht haben, was ich wann, wie und wo zu lassen hatte." Kurz hielt ich inne und musterte die Kätzin. "Wieso fragst du mich das alles?" Und wieso fragte sie so viel auf einmal? Hatte sie es eilig?

Ich musterte ihn, und witterte an seinen Kratzern. Sie schienen nicht weiter schlimm.
"Warum? Weil ich gern weiß, warum ein Kater deiner Art sich hier bewegt", miaute ich und lächelte den jungen Kater kurz an, aber sah dann weiter zu meiner Maus. "Aber wenn ich dich störe, dann verzeih", meinte ich dann knapp und nahm meine Maus in den Mund. "Ich werde dich nicht länger ausfragen, ich muss los."